Soll man in den Ferien geschäftliche E-Mails lesen?
Sollte man w?hrend der Ferien g?nzlich ?offline? sein – oder doch regelm?ssig in die gesch?ftliche Mailbox schauen? In der aktuellen Ausgabe des Mitarbeitendenmagazins ?life? diskutieren Lorin Sch?ni und Nina Indina über genau diese Frage. Was ist Ihre Meinung? Diskutieren Sie mit – anhand eines Eintrags in der Kommentarspalte.
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Pro
Lorin Sch?ni, Doktoratsstudent und AVETH Politics Coordinator

Natürlich, Abstand tut gut. Erholung ist wichtig. Und ja, die Welt dreht sich weiter, auch wenn man mal fünf Tage lang keine E-Mails liest.
Aber gerade im wissenschaftlichen Alltag funktioniert das Abschalten nicht immer. Deadlines sind selten kalenderfreundlich, internationale Projekte kennen keine Sommerpause, und wichtige Entscheidungen fallen auch dann, wenn man am Meer sitzt oder die Aussicht von einem Gipfel geniesst.
Als Doktorand merke ich das deutlich. Zwischen Projekten, Betreuung, Konferenzen und dem Verfassen von Papern gibt es kaum Phasen v?lliger Ruhe. Die Arbeit ist oft international und asynchron organisiert, was bedeutet, dass sich Arbeits- und Urlaubszeiten selten sauber voneinander trennen lassen.
?Wichtige Entscheidungen fallen auch dann, wenn man am Meer sitzt oder die Aussicht von einem Gipfel geniesst.?Lorin Sch?ni
Was mir hilft: ein kurzer Check meiner E-Mails w?hrend der Ferien. Das gibt Struktur, Sicherheit und hilft, nach meiner Rückkehr entspannter wieder einzusteigen. Denn nichts stresst mich mehr als ein überquellender Posteingang, Unklarheit darüber, was liegen geblieben ist, oder unerwartete Entwicklungen in meiner Abwesenheit.
Wer sich entscheidet, auch im Urlaub punktuell erreichbar zu bleiben, kann in solchen Konstellationen den ?berblick behalten – und erm?glicht damit auch eine flüssigere Zusammenarbeit im Team. Flexibilit?t ist kein Zeichen von Selbstaufgabe, sondern ein strategischer Umgang mit Verantwortung.
Natürlich darf diese Erreichbarkeit nicht zur Erwartung werden – und erst recht nicht zur Norm. Es braucht Bewusstsein, klare Grenzen und das Vertrauen, auch wirklich offline sein zu dürfen. Gerade hier spielen Führungspersonen eine entscheidende Rolle: Es ist unglaublich hilfreich, wenn ein allgemeines Verst?ndnis besteht, dass die Erreichbarkeit in der freien Zeit weder vorausgesetzt noch gewünscht wird. Wer sich als Leitungsperson aktiv für solche Grenzen einsetzt, schafft echte Erholungsr?ume.
Gleichzeitig gilt: Dieser Umgang funktioniert nicht für alle – und soll es auch nicht. Jeder Mensch hat ein anderes Belastungsempfinden und andere Bedürfnisse nach Erholung. Was für die eine Person entlastend wirkt, kann für jemand anderen zus?tzlicher Stress sein.
Wir sollten Erholung weniger absolut betrachten. Für mich bedeutet ein entspannter Urlaub nicht, alles auszublenden, sondern selbst zu entscheiden,
Kontra
Nina Indina, Mitarbeiterin Engineering und Systeme

Es ist Montag, 6 Uhr morgens. Ich schreibe dies von Hand, bevor ich mir eine Sprachnotiz mache und es zur weiteren Bearbeitung an meinen Computer schicke. Unser Arbeitsalltag ist schnelllebig, durch digitale Tools gepr?gt und erfordert Konzentration. Der Computerwissenschaftler und Autor Cal Newport spricht von einem ?hyperaktiven Bienenstock? – ein Zustand st?ndiger digitaler Unterbrechung durch E-Mails und Social-Media-Benachrichtigungen, die unsere Aufmerksamkeit unterbrechen und fokussierte Arbeit unm?glich machen.
Auch in der Frei- und Ferienzeit ist ein bewusster Medienkonsum wichtig. Für mich gilt: keine E-Mails an Ferientagen. Selbst wenn ich nur kurz das Postfach ?ffne, bin ich schnell in eine Pr?sentation eingetaucht, die meine Zeit und Aufmerksamkeit bindet.
In den Ferien will ich mich regenerieren und loslassen. Die Gelegenheit nutzen, mir meinen Medienkonsum bewusster zu machen, und dem Drang widerstehen, jeden Augenblick mit einer T?tigkeit zu füllen. Ferien sind jene Zeit, in der ich meine Ressourcen auffülle, mein Wertesystem neu kalibriere und Dinge wiederentdecke, die für mich wirklich z?hlen. Ich m?chte die Zeit bewusst investieren und innehalten.
?In den Ferien will ich mich regenerieren und loslassen. Die Gelegenheit nutzen, mir meinen Medienkonsum bewusster zu machen.?Nina Indina
In der heutigen Gesellschaft, die oft das Individuum über das Kollektiv stellt, suche ich in der Auszeit bewusst nach Gemeinschaft und will meine Zeit mit dem Partner, Freunden und der Familie teilen. Ich m?chte Tiefgang vor die Gesch?ftigkeit stellen und das eine oder andere Buch lesen, das mir neue Perspektiven er?ffnet. In den Ferien verbinde ich mich aber auch mehr mit der Natur, stehe mit der Sonne auf und spüre, wie sie untergeht. Ich nehme den Neumond wahr und, wenn ich am Meer bin, auch die Gezeiten. Nur wenn ich die digitale Gesch?ftigkeit hinter mir lasse und mich ganz auf den Moment einlasse, wird das wirklich m?glich.
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2/2025 des Mitarbeitendenmagazins ?life? erschienen.
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